Die Tage vergehen wie im Flug, genau wie die Aussicht auf eine Stelle in der Stadt. "Ich habe... alles abgesucht. Ich bin sogar bereit ein Kindermädchen zu spielen. Aber keiner nimmt mich. Warum!?", verzweifelt wirft Celadë den Kopf nach hinten, "Das ist so unfair!""Wie gesagt, letztes Jahr war so gut wie du. Du hast starke Konkurrenz", mit einer Ta.s.se in der Hand setzt sich Nielle neben ihr auf die Couch, "Die Stelle im Stall ist aber immer noch offen. Langsam habe ich das Gefühl das sie offen gehalten wird"
"Ach, und wieso das? Ist nicht selten das Stellen lange nicht besetzt werden"
"Im Schloss? Und das zwei Jahre lang? Der König hat mehr die Einstellung rauswerfen als frei la.s.sen. Vor allem im Stall"
"Du willst was damit sagen?", mit einem skeptischen Blick dreht sie den Kopf zu ihrer besten Freundin. Diese zuckt nur mit den Schultern. "Ich will damit nichts sagen. Ich finde es nur komisch das eine Stelle so lange offen bleibt"
"Schon... Aber da muss doch mehr dahinter sein. Oder denke ich wieder zu viel? Iss die Ta.s.se nicht"
"Oh, sorry", Nielle sieht verlegen auf den Boden wie sie das knabbern an der Ta.s.se aufgehört hat. Eine Angewohnheit, was sie schon jahrelang vergeblich versucht zu vergessen. "Hast du noch irgendwelche Ideen wo ich hin kann?" Nielle schüttelt den Kopf. "Nein, leider nicht. Mach dir aber keinen Kopf darum. Vielen geht es so. Warte ein halbes Jahr, oder ein ganzes, und dann sieht es schon anders aus"
"Ein gesamtes Jahr!? So lange kann ich nicht warten! Und du mich nicht durchfüttern" Nielle schmunzelt auf diesen Satz nur. "Abwarten. Mach erstmal Pause, geh in die Stadt und entspann dich. Das brauchst du jetzt"
"Ich...", Celadë seufzt und steht auf. Diskutieren ist zwecklos. Nielle wird so lange darauf bestehe bis sie es tut. Geschlagen wirft sie sich eine Jacke über die Schultern und geht zu dem großen Park in der Stadtmitte. Er steht im Kontrast zu den grauen Gebäuden der Stadt. Grünes Gras, hohe Bäume in dichten Gruppen um den Bereich des Parkes und ein Teich bilden eine Oase zum Entspannen. Und basierend auf die Jahreszeit hat der Park noch einige Farben mehr als das schlichte Grün. Jetzt ist es aber Sommer weshalb alles in grüntönen gefärbt ist. Celadë lässt sich auf eine Steinbank am Teich fallen. Das klare Wa.s.ser lässt einen bis zum leicht schlammigen Boden sehen. Die Fische im Wa.s.ser tanzen schwerelos umher. Ein entspannender Anblick was Celadë ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Der Lärm der Großstadt wird hier im Park total ausgeblendet. Teilweise wegen Magie, teilweise wegen den Bäumen. Nur das zwitschern von Vögeln in Bäumen und die rufe der Enten und Schwäne am Teich sind zu hören. Durch diese natürliche Ruhe kann Celadë ihre Gedanken freien Lauf la.s.sen, ohne sich um etwas Sorgen zu müssen. Doch das wird ihr schnell zum Verhängnis, denn ihre Gedanken verfangen sich schnell an dem Tag wo sie weggelaufen ist. Ein Schauer läuft ihr über den Rücken wie sie daran denken muss. Niemals hätte sie gedacht das ihre Familie, selbst ihre Schwester, so reagieren wird. Hätte sie bloß nichts gesagt und einfach nur gegangen. Dann wäre das alles ihr erspart geblieben. Mit einem kopfschütteln holt sie sich selbst in die Realität zurück. "Hör auf Celadë! Das ist jetzt vorbei. Ich bin jetzt hier", seufzt sie wie sie den Fischen bei ihrem kleinen Tanz zu sieht. Doch selbst die Fische können sie nicht ablenken als abermals ihre Gedanken zu ihrer alten Heimat fliehen. Genervt und von sich selbst enttäuscht springt sie auf und marschiert zur Wohnung zurück. Sie hätte niemals ihrer Schwester von ihren Plänen erzählen sollen. Auf der anderen Seite fragt sie sich wie sie es geheim halten sollte. Celadë erzählt ihr doch sonst immer alles. Also warum musste sie ausgerechnet bei diesem Thema Celadë an ihre Eltern ausliefern. Wieso fiel sie ihr genau da in den Rücken? In der Wohnung bindet sie sich ihre Hüftlangen braunen Haare zu einem Zopf zusammen. Sie ha.s.st ihre Haare. Sie hat sie nur so lang weil es ihrer Mutter so gefällt. Sie verhält sich nur so, weil es ihrer Mutter gefällt. Sie ist so, weil es ihrer Mutter gefällt. Nicht ihr selbst. "Nielle?"
"Hm? Was ist?"
"Kannst du noch Haare schneiden?", brummt sie als sie ihr Spiegelbild im Bad ansieht. "Ja. Wieso fragst du das?"
"Es ist Zeit für einen Haarschnitt!", leicht verwundert kommt Nielle zu ihr ins Bad. "Sicher? Du hast doch immer gesagt das du-" "Schneid sie ab!", schreit sie leise gegen de Spiegel, "Ich ha.s.se sie!!"
"O-okay... Alles okay bei dir?", auf diese Frage antwortet sie nicht. Celadë starrt nur sich selbst im Spiegeln an. Mit den Augen verfolgt sie die na.s.sen Spuren die ihre Tränen auf den w.a.n.gen hinterla.s.sen. Ihre sonst so h.e.l.len blauen Augen haben ihren Glanz verloren. All die Jahre hat sie sich verstellt damit sie von anderen gemocht und von ihrer Mutter anerkannt wurde. Jetzt aber will sie sich nicht mehr verstecken. Jetzt will sie Celadë sein, die wahre und nicht nur eine Kopie von anderen Leuten. Sie beobachtet weiter ihre Tränen als Nielle die Schere an den langen Haaren ansetzt. Ein Gefühl der Freiheit erfüllt Celadë als die ersten Haare fallen. "Ich ha.s.se sie alle... Ich will sie nicht mehr sehen. Ich will nichts mehr mit ihnen zu tun haben Nielle. Ich habe gelogen... Die ganze Zeit. Ich habe mich selbst belogen. Ich will das nicht mehr tun. Ich will jetzt mein Leben leben. Und keines, was schön wäre zu leben oder mir vorgeschrieben wird", mit jedem Schnitt werden die Haare an ihrem Kopf kürzer. Am Ende des bleibt ihr nur ein kleiner Bruchteil der Haare in einem Pixie Haarschnitt. Celadë strahlt wie sie ihr neues ich im Spiegel sieht. Sie hat sich schon immer gewünscht diese Last an Haaren los zu kriegen. "Nielle, bitte schwöre mit ein was. Wenn ich jemals Zweifel habe ob ich in der Stadt bleiben will. Jedes Mal wenn ich sage das ich zurück will. Dann bitte, bitte halte mich auf", ein stilles nicken kommt von ihr. Der Schock von dem plötzlichen Wandel in ihr Gesicht geschrieben. Und das versteht sie auch. Denn selbst Celadë ist von ihr selbst geschockt, das sie zu so etwas fähig ist.